Arbeit auf dem Höllengrund
DOI:
https://doi.org/10.15475/skms.2016.1.4Abstract
Lars von Triers filmisches Werk erzählt immer wieder von der menschlichen Aneignung der Natur. Wo sich Bilder der Ursprünglichkeit hervortun, sind sie zugleich Teil einer künstlichen und künstlerischen Kulisse. Sei es in DOGVILLE (2003),wo die Gebirgslandschaft um das gleichnamige Dorf lediglich über ein theatralisches Setting imaginierbar wird, oder in MELANCHOLIA (2011), worin die schwermütige Somnambulin Justine (Kirsten Dunst) nachts im Licht des Mondes auf einer Wiese liegt und für den Zuschauer die Untergangsmusik Richard Wagners erklingt - Flora und Fauna bilden eine überzeichnete, zu kultivierende, bisweilen eine zu entstellende Materialität. Insbesondere der erste Teil seiner "Trilogie der Depression", ANTICHRIST (2009), verhandelt facettenreich den Konflikt zwischen dem Menschen und seiner natürlichen Umwelt, der sich in einem bis zuletzt an Drastik zunehmenden Antagonismus zwischen Mann und Frau spiegelt. Die Protagonisten, anonymisiert als "Sie" (Charlotte Gainsbourg) und "Er"(Willem Dafoe), tragen dort einen allegorischen Kampf der Geschlechter aus, der sich nicht zuletzt auf der Ebene der "Arbeit" manifestiert. Denn deren berufliche Professionen und Perspektiven repräsentieren auf unterschiedliche Art und Weise gegensätzliche Interpretationszugänge zur Schöpfung. Die Auseinandersetzung um Macht wird im Rahmen des Paradigmas "Arbeit" auch zu einem Ringen um die Deutungshoheit über Ursprung und Gestalt der Natur selbst. Im Folgenden soll zunächst die eigenartige, von christlichen Urmythen gezeichnete Entwicklung und Morbidisierung jener Natur-Sphäre im ANTICHRIST in den Blick genommen werden, woran sich die Betrachtung des kontrastiven Umgangs beider Protagonisten mit der Natur, ausgehend von ihren Arbeitsfeldern, anschließt.